Das Jahr des Büffels

Das Tetfest ist nach dem Mondkalender das Fest zum Jahreswechsel. Die Vietnamesen nehmen es zum Anlass, an ihre Wurzeln und an ihre Ahnen zu denken. Es bringt einen neuen Beginn und wirft die Misserfolge des vergangenen Jahres ab. Daher bemühen sich alle Menschen, zum Fest freundlich, nachsichtig und tolerant zu sein sowie über Abneigungen und Hass hinwegzugehen.

Giao Thua ist die heilige Zeit, der Übergang vom alten zum neuen Jahr. Man glaubt, dass die Geschehnisse auf der Erde von zwölf Hoheiten bestimmt werden, jedes Jahr regiert eine andere.

Die Giao Thua (Silvesternacht) ist genau der Zeitpunkt, an der der Jadekaiser seine Entscheidung über die Regentschaft verkündet. Aus diesem Grund bringen die Familien ihre Opfergabe unter freiem Himmel dar, um den neuen Herrscher und das neue Jahr willkommen zu heißen.

Der erste Tag im neuen Jahr ist sehr wichtig. Er heißt Tan Nien. Man begeht ihn mit Glückwünschen (Chuc Tet) . Alle Kinder und Verwandten versammeln sich, um gemeinsam für die Ahnen zu beten. Die Opfergaben für die Verstorbenen werden verbrannt, meist Papiergeld, Silber und Gold. Man glaubt an das Leben nach dem Tod, das Geopferte soll den Ahnen das Dasein im Jenseits erleichtern. Hinzu kommt, dass alte Menschen meist nicht ihr exaktes Geburtsdatum kennen. Mit Neujahr werden sie deswegen auch ein Jahr älter. Die Verwandten kommen also auch, um Glück und langes Leben zu wünschen.

Kinder bekommen in den ersten Tagen viele kleine rote Umschläge mit Geldscheinen. Jeder möchte reichlich beschenkt werden und zieht die neuesten und schönsten Kleider an.

Die sonst ungern gesehenen Kartenspiele werden zum beliebten Zeitvertreib an Tet. Die Karten werden nach den ersten drei Tagen weggeworfen oder verbrannt.

Besondere Bedeutung wird dem ersten Gast (Xong Dat) im neuen Jahr beigemessen, denn er entscheidet über den Erfolg oder Misserfolg im kommenden Jahr. Aus diesem Grund feiern die  Meisten zu Hause bzw. nur innerhalb der Verwandtschaft. Wird man eingeladen, der erste Gast zu sein, ist das eine große Ehre. Vietnamesen glauben nämlich an die Weisheit und Macht der Tierzeichen. So wählen alle ihren ersten Gast mit großer Sorgfalt. Sein Tierzeichen, in dem er geboren wurde, muß zum aktuellen Tier passen. Erfolgreiche Menschen werden als Gast am ersten Tag natürlich besonders gerne gesehen.

Der Frühling beginnt mit dem Jahreswechsel. Die Menschen gehen zu ihren Tempeln und beten um Glück und Erfolg für das kommende Jahr. Auf dem Weg nach Hause sammeln sie fleißig „Glück“ für zu Hause (Hai Loc). Sie suchen nach grünen Ästen und blühenden Zweigen, die sie daheim in Vasen auf den Gebetstisch stellen.

Es gibt auch einige Regeln zum Beginn des neuen Jahres, die nach Möglichkeit befolgt werden sollten. So ist das Putzen in den ersten Tagen verboten, weil damit auch das Glück aus dem Haus gefegt wird. Schulden sind bis zum Jahresende zurückzuzahlen, denn wer am Jahresanfang Geld weggibt, wird das ganze Jahr über Pech in Geldangelegenheiten haben. Scherben in den ersten Tagen bringen Unglück. Eltern passen daher besonders bei Kleinkindern auf, dass sie nicht aus Versehen etwas kaputt machen. Weil man glaubt, dass die Verstorbenen in den ersten Tagen anwesend sind, lässt man auf dem Gebetstisch die Räucherstäbchen stets brennen, und der Obstteller darf erst am 7. Tage weggeräumt werden. Dann wird alles an die Familienmitglieder verteilt und gegessen. Auch darf man am ersten Tag des neuen Jahres nicht nach Feuer fragen, denn es ist ein Symbol für Glück und Stärke, die dann aus dem Haus gezogen würden.

Der Drachentanz (Mua Lan)

Typisch für die Neujahrsfeierlichkeiten ist der Drachentanz. Es heißt, dass der Erdgott Ong Dia den Drachen vor langer Zeit gebändigt hat. Hierzu gibt es folgende Geschichte:

In einem Dorf lebte einst ein weiser und bescheidener Medizinmann. Tag für Tag war er auf der Suche nach heilenden Kräutern für die Kranken im Dorf. Eines Tages fand er die heilige Pflanze

Tien Thao Linh Chi, die ewige Jugend und Schönheit schenkte. Die Dorfbewohner erlangten davon Kenntnis und baten den Medizinmann, die Pflanze ausprobieren zu dürfen. Der Weise erlaubte es aber nicht und verschwand daraufhin spurlos in den Bergen.

Viele Jahre später, genau zum Jahresende, erschien ein Meeresungeheuer, das das Dorf zerstörte und viele Menschen tötete. Der Medizinmann hörte in den Bergen von dem Unglück und kehrte in das Dorf zurück, um die Menschen dort zu unterstützen. Er lockte das Ungeheuer aus dem Meer in die Berge zu der heiligen Pflanze, die es begierig fraß. Kurz darauf geschahen mit ihm wunderbare Dinge. Es verwandelte sich in ein schönes zahmes Tier und folgte dem Medizinmann fortan aus Dankbarkeit auf Schritt und Tritt.

Das Tier bekam den Namen Lan. Die Dorfleute waren überaus dankbar und verehrten ihren Wohltäter als Erdgott. Dieser besuchte nun zum Jahreswechsel mit Lan alle Dörfer, um sie mit Glück und guter Energie zu segnen. So sollten Dämonen und böse Geister vertrieben werden, damit alle Menschen in Zufriedenheit leben konnten.

Diese Legende wird von den Vietnamesen in Form eines Tanzes, des Mua Lan, nacherzählt. Die Drachenfigur ist eine große bunte, röhrenförmige Konstruktion aus Stoffbahnen, die überaus reich verziert ist und von mehreren Leuten auf langen Stäben auf und ab bewegt wird. In der Einleitung des Auftritts erscheint der Lan als ungezähmtes Tier, tanzt wild umher und erschreckt die Menschen. Nach einer Weile kommt ein maskierter dicker Mann (Ong Dia)hinzu und versucht das Tier hinter sich herzulocken. An einer bestimmten Stelle liegen Blätter oder Blumen, die zum Höhepunkt des Tanzes von dem wilden Lan gefressen werden. Danach beruhigt sich das Tier, der Tanz und die Musik werden langsamer und der gezähmte Drachen folgt dem Erdgott gehorsam.

Der Büffel

Als Büffel bezeichnet man mehrere Arten von afrikanischen (z.B. Kaffernbüffel) und asiatischen Rindern (z.B. Wasserbüffel). Aber auch der amerikanische Bison wird zu den Büffeln gerechnet.

Im asiatischen Raum ist besonders der Wasserbüffel von Bedeutung. Er wurde domestiziert und ist vielerorts zum Haustier geworden. Selten gibt es noch in einigen Gegenden die wilden Exemplare, jedoch nicht mehr in Vietnam, Laos und Kambodscha. Sein Lebensraum sind Feuchtgebiete, Sumpfwälder und dicht bewachsene Flusstäler. Zum Schutz vor Insekten und zur Abkühlung hält er sich oft im Wasser oder Schlamm auf. Anschließend ist seine Haut von einer dicken Schlammschicht bedeckt, die kein blutsaugendes Insekt durchdringen kann.

Nach Knochenfunden scheint der Wasserbüffel zuerst um ca.4000 v.Chr. in China domestiziert worden zu sein, kurz darauf in Indien; von dort gelangten sie wohl nach Südostasien.

Dem Menschen gegenüber verhalten sich Büffel friedlich und lassen sich sogar von Kindern dirigieren.

Wasserbüffel werden zum Pflügen von Reisfeldern und als Lasttiere verwendet. Milch, Fleisch und Leder werden ebenfalls genutzt. Verglichen mit Kuhmilch hat Büffelmilch einen doppelt so hohen Fettgehalt und eine längere Haltbarkeit. Außerdem ist sie reicher an Kalzium, Eisen und Vitamin A.

Echter Mozzarella wird übrigens aus Büffelmilch gewonnen. Ein weiterer Vorteil des Wasserbüffels liegt darin, dass er von BSE nicht betroffen ist.

Ein so eng mit dem Menschen verbundenes Tier wie der Wasserbüffel taucht naturgemäß in vielen Märchen und Sagen der mit ihm assoziierten Völker auf. Der chinesische Philosoph Laotse wird meist auf einem Wasserbüffel reitend dargestellt.

„Büffel“ (khwaai) ist in Thailand eine der abfälligsten Bezeichnungen zur Charakterisierung eines Menschen und vergleichbar mit „Schwein“ im deutschen Sprachgebrauch.

Horoskop

Menschen, die im Jahr des Wasserbüffels geboren sind, sind fleißig, geduldig und eher schweigsam. Sie sind konsequent in ihren Handlungen und gelten als verlässliche Freunde. Allerdings sind sie auch leicht erregbar, neigen zu Eigensinn und Hartnäckigkeit.

Sie passen am besten zu Menschen, die im Jahr der Schlange, der Ratte oder des Hahns geboren wurden.

A.W.